Orientierung und Mobilität mit dem Blindenlangstock

Orientierung und Mobilität mit dem Blindenlangstock
- Zur Sicherheit immer einen Schritt voraus -

Blindheit oder eine hochgradige Sehbehinderung schränken die Fähigkeit zur selbständigen Orientierung und Fortbewegung in hohem Maße ein. Diese Schwierigkeiten fangen in der Wohnung an, werden aber spätestens mit der Teilnahme am Straßenverkehr so groß, daß eine Abhängigkeit von der Hilfe anderer entsteht. In diesem Beitrag wird ein Schulungsprogramm vorgestellt, das den blinden oder sehbehinderten Menschen in die Lage versetzen soll, sich als Verkehrsteilnehmer gezielt selbständig und sicher fortzubewegen.

Ziel der Schulung in Orientierung und Mobilität (O&M) ist es, Blinde und hochgradig Sehbehinderte im Gebrauch des weißen Langstockes als Orientierungshilfe und Verkehrsschutzmittel zu unterweisen.
Der weiße Langstock ist ein Hilfsmittel, das bei richtigem Gebrauch geeignet ist, die durch Blindheit oder Sehbehinderung bedingte Bewegungsbeeinträchtigung so weit wie möglich auszugleichen.

Jeder blinde oder sehbehinderte Mensch, der die notwendige Motivation mitbringt, kann an der Schulung teilnehmen. Dabei gibt es keine Altersgrenzen.
Das benötigte Ausmaß an Selbständigkeit sowie persönliche Fähigkeiten und Fertigkeiten des Blinden oder Sehbehinderten bestimmen den Umfang der Schulung. Während es für die eine Person ausreichend ist, sich innerhalb der eigenen Wohnung zurechtzufinden, muß die andere Person Einkäufe in der nahen Wohnumgebung tätigen oder in einer Großstadt über verkehrsreiche Kreuzungen gehen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit gelangen. In all diesen Fällen sind eine genaue Vorstellung vom Aufbau der Umwelt und die Kenntnis geeigneter Verhaltensweisen notwendig, um eine sichere und zielgerechte Fortbewegung zu ermöglichen.
Um dies zu erreichen, wird die Schulung in O&M stets als Einzelunterricht durchgeführt. Sie umfaßt in der Regel ca. 100 Unterrichtsstunden.

Faktoren wie Alter, Vorerfahrung (geburtsblind, späterblindet, vollblind, hochgradig sehbehindert), Bedarf, psychische und physische Konstitution, Berufstätigkeit u.a.m. können die Stundenzahl nach
unten oder nach oben entsprechend verschieben.

Manchmal ist es auch sinnvoll, die Inhalte in Intervallen zu vermitteln, zwischen denen z. B. einige Wochen liegen können, um das bis dahin Erlernte umzusetzen. So ist auch ein vorläufiger Abschluß nach deutlich weniger Stunden möglich, wenn nicht alle Inhalte vermittelt werden müssen.
Nach einschneidenden Veränderungen, z. B. Verschlechterung (Nachlassen) des noch vorhandenen Sehvermögens, Beeinträchtigung anderer Sinne oder ein anderes Wohnumfeld (Baumaßnahme, Umzug, neue Verkehrsmittel) kann es notwendig werden, die Schulungsinhalte zu erweitern und sie auf die veränderte Lebenssituation neu abzustimmen.

In den meisten Fällen findet die Schulung am jeweiligen Wohn- bzw. Arbeitsort des Blinden oder hochgradig Sehbehinderten statt. Der Lehrer bzw. die Lehrerin für O&M kommt dann nach Absprache, z. B. zwei- oder dreimal pro Woche zu ein- oder mehrstündigen Schulungseinheiten.

Außerdem gibt es in einigen Bundesländern die Möglichkeit, an einem mehrwöchigen Intensivkurs an einer Blindeneinrichtung mit anschließender mehrtägiger Einweisung in die Besonderheiten des eigenen Wohnortes teilzunehmen.
Blinde und sehbehinderte Kinder sollten an den Schulen Unterricht in O&M erhalten. Eine frühe und ausführliche Förderung in O&M ermöglicht später z. B. die räumlichen Vorstellungen, die für die selbständige Fortbewegung mit dem Langstock notwendig sind. Lesen Sie auch hierzu einen separaten Beitrag in dieser Broschüre!

Was kann man lernen?

Optimale Ausnutzung eines noch vorhandenen Sehvermögens:
Dies kann den Gebrauch optischer Sehhilfen (Monokular, Lupe, Kantenfiltergläser) mit einschließen.

Sensibilisierung der übrigen Sinne:
Ziel einer solchen intensiven Sinnesschulung ist es, möglichst viele Umweltreize auch ohne die Augen bewußt wahrzunehmen, sie richtig zu interpretieren und daraus ein situationsentsprechendes Verhalten für sich als blinde(r) oder sehbehinderte(r) Verkehrsteilnehmer(in) abzuleiten.

Entwicklung von Konzepten sowie eines Umweltverständnisses:
Gelernt werden hier z. B. der Aufbau eines Hauses, einer Straße mit beidseitigem Gehweg, einer Straßenkreuzung, einer U-Bahn-Station oder eines Kaufhauses.

Verbesserung grundlegender Orientierungsfertigkeiten:
Gefördert werden sollen Körperbewußtsein, Zeitgefühl, Raumvorstellung (Aufbau einer "geistigen Landkarte"), ebenso wie der Umgang mit Passanten und das Erfragen von Informationen.

Schutz des eigenen Körpers:
Kernstück ist das Erlernen verschiedener Techniken im Gebrauch des weißen Langstockes. Dieser, etwa bis zum Brustbein reichende Stock (daher die Bezeichnung Langstock im Vergleich zum Stütz-, Krück- oder Taststock), wird beim Gehen rhythmisch vor dem Körper hin und her gependelt. Der Langstock ist stets einen Schritt voraus und zeigt somit Gefahren oder Orientierungspunkte rechtzeitig an (z. B. Bordsteinkanten, Treppen, Absperrungen, Ampelpfosten). Die Übungen zum Schutz des eigenen Körpers beginnen jedoch mit der Vermittlung von Bewegungsabläufen, die helfen, sich auch ohne Langstock in Räumen oder Gebäuden oder mit Hilfe eines sehenden Begleiters fortzubewegen. Zusätzlich kann der Gebrauch elektronischer Hilfsmittel als Ergänzung zum weißen Langstock vermittelt werden.

Analyse des Verkehrsgeschehens:
Verkehrsabläufe und sich daraus ergebende Gefahren sollen erkannt und beurteilt werden, so daß ein sicheres Fortbewegen im Verkehrsgeschehen möglich ist. Die Schulung in O&M ist daher in vielen Fällen auch eine wichtige Voraussetzung für das Gehen mit dem Blindenführhund.
Zum Umgang und Einsatz eines Blindenführhundes als O&M-Hilfsmittel lesen Sie auch einen separaten Beitrag in dieser Broschüre!

Und die Praxis?
Nach dem Erlernen grundlegender Körperschutztechniken und Orientierungsfertigkeiten beginnt die Unterweisung im Gebrauch des Langstockes meist in einem Gebäude. Danach folgen Orientierung und Mobilität in einem ruhigen Wohngebiet, dann in einem Einkaufsviertel mit lebhaftem Fußgänger- und Straßenverkehr, schließlich in der Innenstadt und bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Außerdem wird die Orientierung in der unmittelbaren Wohnumgebung geübt.
Ein Schwerpunkt ist dabei die Neuorientierung nach "Verlaufen". Dazu kann es notwendig sein, tastbare Pläne oder Modelle eines bestimmten Gebietes zu erstellen, um Ihnen eine "geistige Landkarte" Ihrer Umgebung zu vermitteln.
Auch hochgradig Sehbehinderte nutzen den weißen Langstock, um z. B. Hindernisse und Stufen zu erkennen. Sie haben dadurch die Möglichkeit, das noch vorhandene Sehvermögen auf die Orientierung in der Umwelt zu konzentrieren, und genau dies wird geschult.
Es kann sein, daß der Einsatz des Langstockes zum Erkennen von Hindernissen oder Stufen bei guten Lichtverhältnissen nicht zu jeder Zeit notwendig ist. Dann erfolgt die Schulung in O&M u. a. bei ungünstiger Beleuchtung (Dämmerung, Nacht, Blendung z. B. durch Schnee oder Sonne...)
Der weiße Stock muß jedoch immer sichtbar als Verkehrsschutzzeichen mitgeführt werden (Paragraph 1 Straßenverkehrsordnung -StVO).

Die Kosten für die Schulung in O&M werden von den gesetzlichen und vielen privaten Krankenkassen übernommen - als Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels "Blindenlangstock". Es handelt sich also um eine Leistung nach Paragraph 33, Absatz 1, Satz 2 Sozialgesetzbuch V - SGB V.
Für die Beantragung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist eine ärztliche Verordnung oder ein Attest erforderlich, in dem die Notwendigkeit der Schulung in O&M bescheinigt wird.
Wenn keine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse besteht, kommt als Kostenträger die Sozialhilfe in Frage. Wird eine zusätzliche Schulung in O&M für den Arbeitsweg benötigt, kann das Arbeitsamt oder die Hauptfürsorgestelle als Kostenträger zuständig sein. Für eine Schulung in O&M nach einer Erblindung infolge eines Arbeitsunfalles übernimmt die Berufsgenossenschaft die Kosten.

Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren örtlichen Blinden- und Sehbehindertenverein. Er berät Sie in allen Sie interessierenden Fragen zum O&M-Training und vermittelt Ihnen Kontaktadressen zu Mobilitätslehrer(in) in Ihrer Nähe. Auch hilft man Ihnen gerne bei der Beantragung der Kostenübernahme durch den für Sie zuständigen Kostenträger.
Rufen Sie uns an, wir informieren Sie gern:

Blinden- und Sehbehindertenverein des Kreises Heinsberg e. V.
(Anschrift und Telefon siehe Impressum)

 
 

Der Blindenführhund als Mobilitätshilfe

Der Blindenführhund als Mobilitätshilfe
- Eine gute Alternative zum Blindenlangstock -


Neben dem Blindenlangstock ist ein weiteres Mobilitäts-"Hilfsmittel" für Blinde und hochgradig Sehbehinderte der Blindenführhund.
Auf ärztliche Verordnung erfolgt die Kostenübernahme gemäß Paragraph 33, Absatz 1, Satz 2 Sozialgesetzbuch V - SGBV.

Der Blindenführhund vollbringt eine außerordentliche Leistung, zu der nur ein gesunder, wesensfester, lernfreudiger, gutmütiger und zugleich selbstbewußter Hund nach gründlicher Ausbildung und Einarbeitung mit dem/der Blinden fähig ist. Selbst im modernen Großstadtverkehr bringt der gut ausgebildete Führhund die blinde Person sicher an jedes gewünschte Ziel. Hierbei umgeht er Hindernisse (selbst wenn er sie allein leicht unterlaufen könnte!), zeigt einmündende Straßen an, erleichtert dem/der Blinden die oft gefahrvolle Straßenüberquerung und sucht auf entsprechende Hörzeichen verschiedenste Objekte auf, wie Fußgängerüberwege, Treppen, Türen, Sitzgelegenheiten, bestimmte häufiger angelaufene Ziele und manches mehr. Dadurch gibt der Führhund dem/der Blinden ein hohes Maß an Selbständigkeit zurück.

Blindenführhunde arbeiten - wie eigentlich alle Hunde - gern, genießen einen besonders engen Kontakt zu ihrer Bezugsperson sowie zu anderen Menschen und können sich in ihrer Freizeit im Spiel entspannen. Damit haben sie ein erfüllteres und artgerechteres Leben als manch anderer Hund.

Blinde sind auf die Hilfe ihrer Führhunde angewiesen. Diese begleiten sie deshalb zum Beispiel auch in öffentliche Gebäude, zu kulturellen oder anderen Veranstaltungen, in die Kirche, ins Restaurant, auf Reisen, zum Arzt und beim Einkaufen. Folgerichtig genießt der Führhund besondere Rechte: So ist beispielsweise vielerorts sein Mitbringen in Lebensmittelgeschäfte veterinärrechtlich ausdrücklich erlaubt oder zumindest geduldet, und auf Flugreisen dürfen Blinde ihren Führhund in die Passagierkabine mitnehmen.

Den Blindenführhund im Dienst erkennen Sie daran, daß er ein Führgeschirr trägt. Dessen Bügel ermöglicht es dem/der Blinden, alle Bewegungen des Tieres zu erkennen und jeden Richtungswechsel sicher mitzumachen.

Die Ausbildung eines gesunden, nervenstarken, wesensfesten und intelligenten Hundes zum Blindenführhund dauert in der Regel ca. 8 - 10 Monate. Vor Beginn der Ausbildung sollte der Welpe bis zum Alter von ca. 1 1/2 Jahr eine sozial prägende Symbiose Hund/Mensch erlernen.
Nach abgeschlossener Führhundausbildung erfolgt ein 3 - 4-wöchiger Einarbeitungslehrgang des/der Blinden mit seinem künftigen, vierbeinigen Begleiter. Dieser sollte ganz oder teilweise am Wohnort und/oder Arbeitsort des/der Blinden erfolgen. Nach erlernen der "Hörzeichen" (Kommandos) für den Führhund erfolgt der Einarbeitungslehrgang ähnlich wie beim O&M-Lehrgang (siehe separaten Beitrag in dieser Broschüre): in einem ruhigen Wohngebiet, dann in einem Einkaufsviertel mit lebhaftem Fußgänger- und Straßenverkehr, schließlich in der Innenstadt und bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Außerdem wird die Orientierung in der unmittelbaren Umgebung der Wohnung und/oder Arbeitsplatzes geübt.
Im Übrigen ist es sinnvoll, vor einem Einarbeitungslehrgang mit einem Blindenführhund ein (verkürztes) O&M-Training am Wohnort und/oder Arbeitsort zu absolvieren, weil dies dem/der Blinden ein besseres Bild (geistige Landkarte) der Umgebung vermittelt.

Wo kann man sich hinwenden?

Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren örtlichen Blinden- und Sehbehindertenverein. Er berät Sie in allen Sie interessierenden Fragen zum Blindenführhund und vermittelt Ihnen Kontaktadressen zu
Blindenführhundschulen oder dem "Arbeitskreis der Blindenführhundhalter im DBSV. Auch hilft man Ihnen gerne bei der Beantragung der Kostenübernahme durch den für Sie zuständigen Kostenträger.
Rufen Sie uns an, wir informieren Sie gern:

Blinden- und Sehbehindertenverein des Kreises Heinsberg e. V.
(Anschrift und Telefon siehe Impressum)

 
 

Orientierung und Mobilität für Kinder und Mehrfachbehinderte Blinde

Orientierung und Mobilität für Kinder und Mehrfachbehinderte Blinde
- Mit dem Blindenlangstock immer einen Schritt voraus -


Mehrfachbehinderte Menschen leiden zusätzlich zu ihrer Sehbehinderung unter weiteren Einschränkungen. Dies kann eine geistige oder eine körperliche Behinderung oder eine zusätzliche Sinneseinschränkung, wie z. B. Gehörlosigkeit, sein.

Blindheit oder eine hochgradige Sehbehinderung schränken die Entwicklung der Orientierung und Mobilität in hohem Maße ein. Blinden und sehbehinderten Kindern sowie mehrfachbehinderten blinden und sehbehinderten Kindern und Erwachsenen muß der Aufbau und die Entwicklung eines Orientierungssystems und die dazu notwendigen Strategien ermöglicht werden. Nur so kann ihre selbständige Fortbewegung und Orientierung im erforderlichen Maß gefördert und ihre optimale Mobilität erreicht werden.

Was ist das Ziel?

Ziel einer Schulung in Orientierung und Mobilität (O&M) für blinde und sehbehinderte Kinder sowie für mehrfachbehinderte blinde und sehbehinderte Kinder und Erwachsene ist es, eine größtmögliche Orientierung und Mobilität mit individuell angepaßten Hilfsmitteln zu ermöglichen. Neben dem bekannten weißen Langstock können dies adaptierte Langstöcke und alternative Mobilitätshilfen sein.

Wer kann teilnehmen?

Jedes blinde bzw. sehbehinderte Kind und jedes mehrfachbehinderte blinde oder sehbehinderte Kind kann an einer Schulung in O&M teilnehmen; ebenso jeder blinde bzw. sehbehinderte Erwachsene mit weiteren Behinderungen. Voraussetzung ist die notwendige Motivation.

Umfang und Dauer?

Der Aufbau einer eigenständigen Orientierung und Mobilität bei blinden und sehbehinderten Kindern und Mehrfachbehinderten bedarf einer gezielten Schulung, deren Umfang und Dauer vor allem von folgenden Faktoren abhängig ist:
- Geburtsblindheit/Sehbehinderung oder Späterblindung;
- Alter und Vorerfahrung;
- bisherige Förderung;
- Art der Mehrfachbehinderung/kognitive Fähigkeiten;
- Ausmaß der Selbständigkeit / persönliche Ziele / Motivation;
- Wiederholungsmöglichkeiten und Vertiefung der Fertigkeiten durch Eltern/ Kindergarten / Schule
/ Werkstatt.

Die Schulung umfaßt ein MIndeststundenkontingent von 120 Unterrichtsstunden, die aufgrund der ärztlichen Verordnung beim jeweiligen Kostenträger beantragt werden. Eine erstmalige Schulung wird im günstigsten Fall im Kindergartenalter aufgenommen und setzt sich in unterschiedlichen Intervallen, je nach dem persönlichen Verlauf, der dem Entwicklungsstand angepaßt werden muß, fort.
Die Schulung in O&M ist in der Regel am effektivsten, wenn das Training möglichst frühzeitig beginnt.

Blinde und sehbehinderte Kinder und Mehrfachbehinderte werden in der Regel über einen sehr langen Zeitraum unterrichtet. Gründe dafür können sein:
- Der Unterricht findet evtl. nur einmal wöchentlich statt.
- Eine Unterbrechung in den Schulferien ist gegeben.
- Die Inhalte müssen häufig wiederholt werden.

Die zum Anfang der Schulung beantragten Kosten passen sich den üblichen jährlichen Erhöhungen automatisch an.
Ist die Kostenübernahme von weiteren Stunden erforderlich, kann eine Beantragung nach der Absolvierung von ca. der Hälfte der Unterrichtsstunden erfolgen, um eine Unterbrechung der Schulung zu vermeiden. In anderen Fällen kann sich eine Unterbrechung günstig und kostensparend erweisen, da die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten die Vermittlung neuer Unterrichtsinhalte zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich macht. In der Regel wird dann eine aufbauende Schulung, die neue, unbekannte Inhalte enthält, beantragt.

Es kann auch festgestellt werden, daß der Zeitpunkt der Schulung noch zu früh ist. Dann wird die Schulung unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen.

Inhalt der Schulung

Je nach Vorerfahrung beginnt die Schulung mit der eigenen Körperwahrnehmung sowie mit der Raum- und Richtungsorientierung. Das Verständnis für z. B. Verhältniswörter (auf, in, unter usw.) zur eigenen Person und zur Sache wirkt sich nicht nur günstig beim Erlernen der Kulturtechniken aus, sondern begünstigt die allgemeine Lebensbewältigung und Orientierung. Ein Kind im Vorschulaalter erlernt diese Grundlagen der Orientierung und Mobilität spielerisch und ist empfänglich für das erforderliche Fundament und die Entwicklung eines Raumkonzeptes. Der Begriffsbildung kommt während der Schulung eine große Bedeutung zu.

Sehbehinderte Kinder oder Mehrfachbehinderte werden in der Ausnutzung ihres verbliebenen Sehvermögens gefördert. Sie lernen, entsprechende Hilfsmittel einzusetzen, ihr Sehvermögen wird visuell stimuliert und alle Sinne werden während der Schulung in ihrer Entwicklung gefördert, sensibilisiert und intensiviert. Darauf aufbauend werden individuelle Unterrichtsinhalte vermittelt, die das blinde bzw. sehbehinderte Kind oder den blinden bzw. sehbehinderten Mehrfachbehinderten befähigen, selbständig und ohne fremde Hilfe Wege zurückzulegen.
Beginnt die Schulung bereits im Kindergartenalter, also schon vor der Einschulung, kann mit dem Kind der Orientierungsbereich Schule erschlossen werden. So kann sich das Kind bei Schuleintritt im Schulgelände und außerhalb zurechtfinden. Grundlagen der Verkehrserziehung werden während der Schulung gelegt. Das Kind bzw. der Mehrfachbehinderte lernt unterschiedlichste Umweltmuster kennen, z.B. Aufbau einer Straße, Häuserblöcke, Kreuzungsformen.

Ein Schwerpunkt ist das Erlernen sicherer Straßenüberquerungen. Das blinde oder sehbehinderte Kind und der Mehrfachbehinderte lernen, das Hilfsmittel seinen Möglichkeiten entsprechend einzusetzen und sich zielgerichtet fortzubewegen. Die Schulung kann sich nach den persönlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wünschen ausdehnen bis hin zu der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und bis zum selbständigen Einkauf.

Wo wird geschult?

Die O&M-Lehrerin / der -Lehrer kommt an die jeweiligen Einrichtungen (Kindergärten / Schulen / Werkstätten / Blindeneinrichtungen) oder zu dem Kind nach Hause. Eine individuelle Absprache je nach Bedarf ist zu jedem Zeitpunkt möglich.

Wer bezahlt?

Die Kosten für die Schulung in O&M werden von den gesetzlichen und vielen privaten Krankenkassen übernommen - als Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels "Blindenlangstock". Es handelt sich also um eine Leistung nach Paragraph 33, Abssatz 1, Satz 2 Sozialgesetzbuch V - SGB V. Für die Beantragung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist eine ärztliche Verordnung oder ein Attest erforderlich, in dem die Notwendigkeit der Schulung in O&M bescheinigt wird.

Wenn keine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse besteht, kommt als Kostenträger die Sozialhilfe in Frage. Wird eine zusätzliche Schulung in O&M für den Arbeitsweg benötigt, kann das Arbeitsamt oder die Hauptfürsorgestelle als Kostenträger zuständig sein. Für eine Schulung in O&M nach einer Erblindung infolge eines Arbeitsunfalles übernimmt die Berufsgenossenschaft die Kosten.

Wo kann man sich hinwenden?

Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren örtlichen Blinden- und Sehbehindertenverein. Er berät Sie in allen Sie interessierenden Fragen zum O&M-Training und vermittelt Ihnen Kontaktadressen zu Mobilitätslehrer(in) in Ihrer Nähe. Auch hilft man Ihnen gerne bei der Beantragung der Kostenübernahme durch den für Sie zuständigen Kostenträger.

Rufen Sie uns an, wir informieren Sie gern:
Blinden- und Sehbehindertenverein des Kreises Heinsberg e. V.
(Anschrift und Telefon siehe Impressum)